gefahrene Kilometer: 170 km
Als erstes steht wieder die „Wahl“ eines Reisemottos an. Ich habe mich für „ab durch die Mitte“ entscheiden. Die Redewendung "ab durch die Mitte" bedeutet ja im Allgemeinen, dass man schnell gehen oder verschwinden soll. Ich lege aber mal die Fahrtstrecke zu Grunde. Da ich schon einmal (Abschnitt 4 im September 2023, Vancouver- San Diego) von Vancouver in Richtung „mexikanische Grenze“ gefahren bin und hierbei mehr oder weniger an der Küste entlanggefahren bin, wähle ich nun eine Fahrtstrecke die mich mehr „mittig“ (nicht ganz die Mitte, aber schon relativ weit von der Küste des Pazifiks entfernt) zu meinem Ziel bringt.
Nun aber erst einmal los!
Um 02:00 Uhr nachts verlasse ich mein zuhause in Helmstedt. Die Anreise ist ansonsten so unspektakulär, dass es wenig davon zu berichten gibt. Sowohl der Zubringer von Hannover nach Frankfurt, als auch der Flug von „Air Canada“ von Frankfurt nach Vancouver waren pünktlich und so, wie man es sich vorstellt. Nach 9,5 Stunden Flugzeit setzt die Boeing 787 zwei Minuten vor der geplanten Ankunftszeit in Vancouver auf. Die Zollformalitäten sind schnell erlegt, kein Vergleich mit der Einreise an einem US-Flughafen, man geht hier an einen Automaten, beantwortet ein paar Fragen, bekommt dann einen Ausdruck und gibt diesen an einen Officer am Ausgang, das war´s…normalerweise. Da ich ein wenig „Camping Food“ in Konserven (die gute Aluschale, die mich schon auf so mancher Reise satt gemacht hat) dabeihatte und diese beim Zoll deklariert hatte (nachdem ich das Schild gelesen habe welche Strafe im mehrere hundert Dollar Bereich einen erwarten, wenn die Zöllner das finden und es vorab NICHT deklariert wurde) durfte ich noch bei der „Agrikultur-Kontrolle“ vorsprechen. Ende vom Lied: meine Aluschalen wurden vom Zoll eingezogen. Immerhin, so der Officer vom Zoll, brauche ich nichts dafür zahlen, da ich das ja vorab deklariert hatte. So sind nun doch insgesamt eineinviertel Stunden im Flughafengebäude vergangen. Das Gepäck ist mittlerweile ordnungsgemäß angekommen, schnell noch die Motorradkleidung angezogen und per Uber -Taxi „raus“ nach Port Coquitlam, einem Vorort von Vancouver. Mit dem Auto dauert es im dichten Verkehr ca. eine Stunde, dann erreiche ich den „Händler meines Vertrauens“. Ich komme dort, entgegen meiner ursprünglichen Planung, nun mit ca. einer Stunde Verspätung an.
Ich war vor der Anreise schon ein paarmal mit Megan und Nicole in Kontakt (immer wieder interessant ja hier junge Frauen im Motorradservice arbeiten, bei uns ja eher eine Männerdomäne), so dass die Kawasaki mit dem Namen „Lady orange“ zuverlässig und auf den Punkt für mich bereitsteht. Eine kurze Übergabeinspektion gehört hier zum Einlagerungsservice dazu, die Batterie ist geladen, Öl, Luftdruck und andere Dinge sind gecheckt. Auf dem Hof treffe ich Pat. Pat ist seit 44 Jahren hier im Betrieb. 2019 habe ich mein Motorrad (damals noch die blaue KLR) hier erstmals bei Pat abgegeben. Jeder im Laden fragt mich nach meinen den Zielen für meine Tour und was ich davon halte, wie die US-Regierung so aktuell „drauf“ ist. Die Frage höre ich übrigens heute noch öfter. Nach einem Dank bei den Mitarbeitern von „GA Checkpoint“ für die gute Betreuung in den letzten sechs Jahren (2019 war ich das erste Mal hier) und meinem Hinweis, dass ich wohl in den nächsten Jahren nicht wiederkommen werde (es geht ja geplant weiter in Richtung Süden), rolle ich gegen 15:00 Uhr Ortszeit von Port Coqiutlam vom Hof.
Ich habe lange überlegt, ob ich noch einmal nach Vancouver reinfahre, habe mich aber letztlich dagegen entschieden. Ich bin nun, im Kontext dieser Motorradreisen, schon zum sechsten Mal in Vancouver. Alle meine Reisen nach Alaska, Kanada und das Kernland der USA, haben in Vancouver begonnen oder endeten hier. Manchmal war ich mit dem Motorrad hier, manchmal habe ich einen Zwischenstopp auf dem Rückflug von Whitehorse hier eingelegt. Ich mag die Stadt wirklich, habe mich aber heute, gegen einen erneuten Besuch entscheiden. Ich nehme nicht den „Trans Canada Highway“ (Highway 1), sondern die Straße Nr. 7 (die hat eher so den Charakter einer Bundesstraße bei uns) in Richtung Osten. Die Straße führt durch die Vororte von Vancouver wie z.B. „Maple Ridge“ und New Westminster“. Es ist ziemlicher Stau, am Nachmittag quälen sich alle aus Vancouver raus, zurück in die Vororte. Die Straße führt am Ufer des „Fraser River“ entlang, über Kilometer liegen große Pakete von im Wasser treibenden Baumstämmen im Wasser, an den Ufern liegen mehrere Sägewerke. Hier wird also der kanadische Wald verarbeitet. Vermutlich halten wir ihn dann in Form einer Zeitung irgendwann in den Händen. Die treibenden Baumstämme erinnern mich an eine meiner Lieblingskinderserien in den 1970ern, die „Strandpiraten“. Diese kanadische Serie (im Originaltitel „Beachcombers“) lief in Kanada von 1972-1990 und ist bis heute, die am längsten Laufende, für das kanadische TV produzierte Serie. Es gab 372 Folgen, 91 davon wurden im deutschen TV ab 1976 gezeigt. Die Serie beschreibt das Leben eines Baumstammsammlers. Der Hauptdarsteller sammelt einzelne Bäume mit seinem Boot ein, die aus großen Flößen weggebrochen sind und erhält dafür eine Belohnung…GENAU an diese Serie erinnern mich die vielen Baumstammflöße hier am Ufer des "Fraser River".
Nach ca. 160 km erreiche ich „Hope“. Dieser kleine Ort war 1982 Drehort des ersten „Rambo“ (Originaltitel: First Blood) Films. Einige Details aus dem Film kann man noch heute erkennen, z.B. steht die „Chevron“ Tankstelle noch über die Sylvester Stallone mit einem geklauten Motorrad gerast ist. Nicht zu verwechseln mit der Tankstelle, die er am Ende des Films „in die Luft jagt“, diese Tankstelle wurde etwas außerhalb extra für die Explosion nachgebaut. Ich fahre noch ein paar Kilometer in die nähere Umgebung von Hope um mir die „Othello Tunnels“ anzuschauen. Dies ist eine alte Bahnstrecke, dessen Strecke incl. mehrerer alter Eisenbahntunnel, zu einem Wanderweg umgebaut wurden. An dieser Strecke bzw. im dortigen Canyon wurden die Außenaufnahmen für den „Rambo“ Film gedreht. Leider sind die „Othello Tunnels“ seit einiger Zeit, aufgrund eines Erdrutsches bzw. Hochwasserschäden, gesperrt und für mich nicht erreichbar. Ich fahre also ohne Erfolg zurück nach Hope. Da ich morgen früh Kanada in Richtung USA verlasse, gönne ich mir noch ein letztes Mal einen Besuch bei „Tim Hortons“ und nehme mein Abendessen ein. Einige Gäste fragen mich dort nach dem „Woher“ und „Wohin“ (und natürlich zu meiner Meinung bezüglich des aktuellen US-Präsidenten Donald Trump), ein paar nette Gespräche sind das Ergebnis. Mein Aufkleber „Frank from Germany“ hat wieder mal gewirkt.
Gegen 20:00 beziehe ich mein Motel für diese Nacht, das „Heritage Inn“ in Hope.
Nach 28 Stunden „unterwegs“ falle ich gegen 21:00 Uhr nun müde ins Bett.
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